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MÄDCHENLITERATUR UM DIE JAHRHUNDERTWENDE (referát - Mikulášová) (referat-kjl-madchenliteratur.doc)

Mädchenliteratur um die Jahrhundertwende

 

Definition:

Mädchenliteratur lässt sich unanhängig von der historisch konkreten Ausgestaltung- in Analogie zu dem Begriff der intentionalen Kinder- und Jugendliteratur- als die Literatur bestimmen, die explizit  für Mädchen herausgegeben wird.

Enger ist das die Literatur, die eigens für Mädchen verfasst und allein an sie gerichtet ist.

Hoch- Zeit der Mädchenliteratur ist Zeitraum von den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg.  (S.332)

 

Gliederung:

Die Mädchenliteratur lässt sich altersspezifisch untergliedern. Den Hauptanteil bildet, historisch begründet, die Literatur für junge Mädchen, d. h. für Leserinnen im Alter von etwa 12 bis 18 Jahren. Daneben entwickelt sich auch eine Literatur für kleine oder jüngere Mädchen, deren Anteil weit geringer ist. (S.332)

 

Das 18. Jahrhundert

Im letzten Drittel des 18.Jahrhunderts hat sich mit Verbürgerlichung der Gesellschaft und unter dem Einfluss der aufklärischen Pädagogik nicht nur Kinder- und Jugendliteratur, sondern auch die Mädchenliteratur in ihrer modernen Gestalt konstituiert. (S333)

Schon im 18. Jahrhundert galt die Definition, dass Mädchenliteratur ein Diskurs über die weibliche Bestimmung und über den weiblichen Geschlechtscharakter ist. (S.332)

 

Die geschlechtspezifische Differenzierung findet in der Kinder- und Jugendliteratur des späten 18. Jahrhunderts zunächst nur in einigen wenigen Genres statt, die insgesamt zur moralisch- belehrenden, weitgehend nichtfiktionalen Literatur gehören. Moralische Abhandlungen, lehrreiche Unterredungen und elterliche Räte und Vermächtnisse wenden sich an das „junge Frauenzimmer“ oder die erwachsenere weibliche Jugend aus bürgerlichem Stand, um sie auf ihren künftigen Status als verheiratete Frau vorzubereiten. …das bürgerliche Mädchen auf die von ihm verlangten Pflichten und Tugenden vorzubereiten, die sich wesentlich von denen des Jünglings unterscheiden. ( S.333 )

Ein Mädchen sollte zu den Pflichten der Hausfrau, Gattin und Mutter erzogen werden.

Der rezeptionsgeschichtlich bedeutsamste mädchenliterarische Text des späten 18. Jahrhunderts stammt von dem philanthropischen Pädagogen J. H. Campe und richtet sich explizit an das bürgerliche Mädchen. „Väterlicher Rat für meine Tochter“ (S.334). Der Autor trat als ein treusorgender Vater ein und gibt der Tochter ein Wegweiser für ihr zukünftiges Leben.

Campe beklagte die benachteiligte Situation der Frau, die er als gesellschaftlich bedingt ansieht und mit drastischen Worten beschreibt, und er gesteht dem Mädchen- im Sinne der Menschenrechte- über die allgemeine Bestimmung als Mensch zunächst die selben Rechte zu wie dem Mann.(S.334/335)

Dreifache Bestimmung der Frau (die Hausfrau, Gattin und Mutter) blieb bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts stark wirksam.

 

Das 19. Jahrhundert

Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts hatten engagierte Frauen wie Amalie Holst gegen die in der Gesellschaft herrschende Auffassung von der „natürlichen“ Unterlegenheit der Frau protestiert und ihre Gleichstellung in rechtlicher und sozialer Hinsicht, vor allem aber auch im Hinblick auf die Chancen zum Erwerb von Bildung und Beruf gefordert. Es hat sich aber sehr lange nichts verändert. (S.77)

Situation in der Literatur:

In der Literatur etablierte sich erst in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts die Literatur für kleine und jüngere Mädchen als eigener Zweig innerhalb der Mädchenliteratur. (S.336)

Ratgeberliteratur tritt der erzählenden Literatur zurück. In moralischen Erzählungen spüren wir die  Tendenz zu einer gröβeren Fiktionalisierung und stärkerer Psychologisierung der Handlungen und der Figuren. (S.337)

Durch Aufnahme romanhafter Motive und komplexerer Handlungsstruktur weitet sich die Mädchenliteratur aus zur volkstümlichen Erzählung oder Novelle. Daraus haben sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Backfischerzählungen und Backfischbuch entwickelt (S.337).Zu diesen gehören Lebensgeschichte, Lebenserzählungen und am populärsten sind die Mädchenliebesromane. Lebensgeschichte, Lebenserzählungen lösen die Frage nach der Verbindung von individuellen Lebensbedingungen, Plänen, Wünschen und gesellschaftlicher Identität als Frau.

 

Backfischbuch

Mit Backfischliteratur hat sich die Gattung für junge Mädchen konstituiert, die es als solche in der Kinder- und Jugendliteratur nicht gibt. Damit hat die geschlechtspezifische Kinder- und Jugendliteratur eine neue Stufe erreicht. Grundlage für Entstehung der Backfischliteratur ist ein neues Verständnis der Mädchenzeit, nämlich die Akzeptanz einer weiblichen Pubertät. (S.337)

Backfischbuch verbindet psychische Problematik der weiblichen Pubertät und der Thematik des weiblichen Geschlechtscharakters. Zugleich ist das eine Vater-Tochter Liebesgeschichte und Trennungsgeschichte. Typisch für Backfischbuch ist, dass sie weibliche Autorschaft hat

Die Schriftstellerin schreibt nicht nur für die junge Leserin oder ihre Erzieher allein, sie schreibt auch für das junge Mädchen in sich. (S.339)

Die Schriftstellerinnen kennen das Milieu, das sie Darstellen, zumindest aus der Erinnerung gut. (S.224)

Autorinnen gehören der Frauenbewegung als Mitglieder an. Dieser Literatur wurde aber die mindere literarische Qualität vorgeworfen.

Mädchenbuchautorinnen des 19. Jahrhunderts arbeiten an positiven Entwürfen von Mütterlichkeit mit, die in ihren Büchern mit Mutterlosigkeit oder mit problematischem Mutter- Tochter Beziehung kontrastieren. (S.223)

Weiter finden im Backfischbuch eine Wandlungsgeschichte. Die  Zeit von der Wandlung   der Protagonistin wird breit und lustvoll ausgemalt…Das noch nicht angemessene Verhalten des jungen Mädchens erscheint jetzt weniger als moralisches Problem als vielmehr als eine entwicklungs-psychologisch bedingte Phase der weiblichen Entwicklung (S.337). Das  ist Übergangszeit- ein junges Mädchen wird zu einer bürgerlichen Frau.

Weder angepasste brave Hausmutter oder Haustochter noch anpassungswilliges oder fähiges Mädchen gilt als Hauptfigur.

Beispiel für diese Hauptfigur stellt das bedeutendste Backfischbuch von Emmy von Rhoden „Der Trotzkopf“ dar.

Nach dem Erschienen dieses Buches erschienen mehrere Mädchenbücher, die nach demselben oder ähnlichem Handlungsmuster gebaut waren.

Ein Grund für den groβen Erfolg des „Trotzkopf“ ist die Tatsache…und das als Hauptfigur auftretende trotzige Mädchen mit Sympathie dargestellt wird aber zugleich auch die Eigenschaften des weiblichen Geschlechtcharakters, gegen Ilse zunächst verstöβt, vermittelt werden. (S.338)

 

Das 20. Jahrhundert

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts finden wir in Mädchenbücher als Hauptfigur ein studierendes Mädchen. Das Idealbild einer Dame rückt dagegen in den Hintergrund. (S.340)

In den ersten Weltkrieg herrscht in Deutschland die Vorstellung vom Weltkrieg als deutsch- österreichischem Verteidigungskrieg von besonderer Funktion. (S.247) und darüber wurden auch politisch  ganz ungebildete Mädchen informiert und so wurde es ihnen präsentiert.

„Die Russen sind ein degeneriertes durch Alkohol geschwächtes, moralisch verkommenes Volk.“ (S.247)

Es herrscht die Idee, dass die Mütterlichkeit als Anlage zur Erhaltung eigener Art, im zeitgeschichtlicher Kontext: deutscher Art, dient…und die Bereitschaft zum mütterlichen Opfer des Liebsten, des Sohnes, des Vaterlandverteidiger ist. (S.246)

„Denn das muss doch die natürliche Sehnsucht eines jedes deutschen weiblichen Wesens sein, jemand dabei zu haben, der mit kämpft für´ s Heil des Vaterlandes.“ (S.248)

In den ersten Weltkrieg wurde das neue Mädchenideal die Kriegskrankenschwester. Es geht um Bachfischliebesromanhandlung.

Die Pflegerin heiratet den verwundeten heimkehrenden Mann, der für immer pflegebedürtig bleibt. Kriegskrankenschwester  wird zum Inbegriff von Mütterlichkeit. (S.250)

 

 

 

 

 

 

 

 

Was Heidi zu Backfischbuch macht?

  1. Das Buch wurde von Johanna Spyri geschrieben, also sie hat eine weibliche Autorschaft.
  2. Das Buch widmet der Kindheit- einer Phase in der Kindheit eines Mädchens.
  3. Als Hauptfigur tritt das junge kranke Mädchen auf.
  4. Das Buch löst ein Kinderproblem- Angst vor der Trennung von den Eltern
  5. Dorfthematik
  6. Im Buch finden wir auch eine starke Vater- Tochter Beziehung.

 

Heidi können wir als eine religiös- sentimental grundierte Krankheits- und Trennungsgeschichte nennen, die vor allem in das Dorfgebiet eingesetzt wird.

Ein Bisschen zum Inhalt: Heidi wächst in Alpen bei seinem Groβvater. Es ist nicht so vom Anfang ihres Lebens. Mit einem Jahr hat sie seine Eltern verloren. Dann wohnte sie mit vier Jahre mit ihrer Tante im Dorf und dann kam sie zum Groβvater, weil Dete- die Tante, nach Frankfurt wegen arbeit fahren musste. Beim Groβvater entwickelte sich Heidi zu einem fröhlichen Kind mit natürlichem Gottvertrauen. Groβvater war im Dorf nicht sehr beliebt, aber für Heidi war er, die Groβmutter, Peter und vor allem die Alpennatur alles. Nach ein paar Monaten musste  zusammen mit Dete nach Frankfurt fahren, wo sie als eine Gespielin für ein junges reiches Mädchen- Klara arbeiten sollte. Klara und Heidi wurden zu besten Freundinnen. Groβoma aus Frankfurt war für Heidi auch wichtige Person ihres Lebens. Frankfurt wurde aber zu einem Ort, wo Heidi krank, mondsüchtig wird und verweigert das Essen.

In der Psychoanalyse wird das als „hysterische Heimwehrreaktion“ gedeutet.(S.80)

Gesund wird Heidi erst nach ihrer Rückkehr in die Berge. Also die Natur mit ihren heilenden Kräften wird der verderblichen Zivilisation der Groβstadt gegenüberstellt.

Diese Schauplätze repräsentieren auch psychische Befindlichkeit der Heldin: Alm steht für Vertrautheit, Frankfurt für Verlorenheit und Entfremdung. (S.80)

Spyri zeichnet eine beunruhigende Seelengeschichte nach. Sie löst hier ein Problem, der mit der Kindlichen Entwicklung zusammenhängt, das heiβt, die Verlassensängste, die die Kinder bei der Ablösung von Eltern überwinden müssen. Heidi gelingt dies nicht, sie kehrt zurück, in die ihr vertraute Umgebung. Deshalb wurde Heidi auch als einen Antientwicklungsroman bezeichnet. Anderseits ist Heidi Vorläufer des psychologischen Kinderromans, weil der Leser ganz nah an die Hauptfigur herangeführt wird. (S.80, 81)

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine neue Rousseaurezeption. Heidi wurde als sentimentale Schwester Emiles gesehen, mit Heilkräften ausgestattetes Kind, das allerdings leidensfähig- nach bürgerlichem Konsens- ein Mädchen sein muss. (S.245)

Merkwürdig finde ich im Buch die Beschreibungen und Kräfte der Natur und vor allem moralisierend christlicher Kommentar. Das Moralische und das Christliche spüren wir im ganzen Buch. Das Christliche spürte ich vor allem am Ende des ersten Teils des Buches-ein Gleichnis über den verschwenderichen Sohn und  gleich auch die Veränderung der Beziehung des Groβvaters zum Gott und zu anderen Menschen.

Heidi ist für mich ein Vorbild für die Bescheidenheit(auch nach dem „Genieβen des Lebens“ blieb sie so ein Mädchen wie vorher), für die Aufrichtigkeit( sie sagt alles so, wie sie es  spürt) und für Liebe zu allen Menschen (Brötchen für Groβmutter) und Tieren (sie opfert Peter ihr Brot, als er ein Geiβ zuschlagen wollte).

Heidi ist wie eine Botschaft, die sowohl für Kinder als auch für die Erwachsenen bestimmt wird.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zitate:

„Aber wenn ich hinausgehe und den Laden ganz aufmache, dass es recht hell wird, kannst du dann sehen, Groβmutter ?Nein, nein, auch dann nicht, es kann mir niemand mehr hell machen….Aber dann doch im Sommer, Groβmutter, sagte Heidi, immer ängstlicher nach einem guten Ausweg suchend; weiβt du, wenn die Sonne ganz heiβ herunterbrennt und dann gute Nacht sagt und die Berge alle feuerrot schimmern und alle gelben Blümchen glitzern, dann wird es dir wieder schön hell? Ach Kind, ich kann sie nie mehr sehen die feurigen Berge und die  goldenen Blümlein droben, es wird mir nie mehr hell auf Erden, nie mehr. Jetzt brach Heidi in lautes Weinen aus. Voller Jammer schluchzte es fortwährend: Wer kann dir denn wieder hell machen? Kann es niemand? Kann es gar niemand?“(S42)

„Ich will ja nur heim, und wenn ich so lang nicht komme, so muss die Schneehöppli immer klagen, und die Groβmutter erwartet mich, und der Distelfink bekommt die Rute, wenn der Geisenpeter keinen Käse bekommt, und hier kann man gar nie sehen, wie die Sonne  gut Nacht sagt zu den Bergen, und wenn der Raubvogel in Frankfurt obenüber fliegen würde, so würde er noch viel lauter krächzen, dass so viele Menschen beieinander sitzen und einander bös machen und nicht auf den Felsen gehen, wo es einem wohl ist.“(S.79)

„Siehst du, der liebe Gott ist für uns alle ein guter Vater, der immer weiβ, was gut für uns ist, wenn wir es gar nicht wissen. Wenn wir aber nun etwas von ihm haben wollen, das nicht gut für uns ist, so gibt er uns das nicht, sondern etwas viel Besseres, wenn wir fortfahren, so recht herzlich zu ihm beten, aber nicht gleich weglaufen und alles Vertrauen zu ihm verlieren….“(S.96)